Urteil des BGer 9C_771/2020 vom 15. März 2021 | Pflegeleistung durch Eltern – Medizinische Massnahmen Der 2002 geborene A. leidet an einer Muskeldystrophie Duchenne (Geburtsgebrechen Nr. 184). Von der IV bezieht er eine Hilflosenentschädigung für Hilflosigkeit schweren Grades, einen Intensivpflegezuschlag von acht Stunden pro tag sowie seit 1. Oktober 2019 einen Assistenzbeitrag. Er wird zu Hause von seinen Eltern betreut, welche sich zu diesem Zweck bei der X. GmbH anstellen liessen. Für die Zeit vom 1. Januar bis 31. Dezember 2018 übernahm die IV-Stelle Glarus die Rechnungen für die Kinderspitexleistungen. Nach weiteren eingereichten Rechnungen kündigte die IV-Stelle mit Vorbescheid an, dass sie für die Zeit ab dem 1. Januar 2019 für die erbrachten Kinderspitexleistungen keine Kostengutsprache mehr erteilen werde. Das Verwaltungsgericht Glarus wies die Beschwerde von A. in dieser Angelegenheit ab. Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten soll der in Sache ergangene kantonale Entscheid nun aufgehoben werden. Erwägungen: Streitig ist, ob das kantonale Gericht Bundesrecht verletzt hat, indem es eine Weitervergütung der ab 1. Januar 2019 erbrachten Pflegeleistungen durch die Eltern verneint hat. Gem. Art. 13 Abs. 1 IVG haben Versicherte bis zum 20. Altersjahr Anspruch auf die zur Behandlung von Geburtsgebrechen notwendigen medizinischen Massnahmen. Die medizinischen Massnahmen umfassen nach Art. 14 Abs. 1 IVG die Behandlung, die vom Arzt selbst oder auf seine Anordnung durch medizinische Hilfspersonen in Anstalts- oder Hauspflege vorgenommen wird. Darunter fallen also nur Vorkehren, welche notwendigerweise durch den Arzt oder – auf seine Anordnung – durch medizinische Hilfspersonen vorzunehmen sind, nicht aber solche, die durch Personen ohne medizinische Spezialausbildung (sog. «Laien») durchgeführt werden können. Vorliegend steht fest, dass es sich bei den durch die Eltern erbrachten Pflegeleistungen um Vorkehren handelt, die von Personen ohne medizinische Fachqualifikation erbracht werden können. Der Beschwerdeführer ist sich bewusst, dass der kantonale Entscheid mit der Rechtsprechung des Bundesgerichts in dieser Angelegenheit im Einklang steht. Er kritisiert jedoch die bundesgerichtliche Rechtsprechung als bundesrechts- und staatsvertragswidrig. So ist er der Ansicht, dass alle Pflegeleistungen als versicherte Massnahmen gelten und dementsprechend vergütet werden sollten. Dagegen bringt das Bundesgericht vor, dass im Gesetz ausdrücklich vorgesehen sei, dass nur die vom Arzt erbrachten oder angeordneten Massnahmen als versichert gelten sollen. Andere Leistungen würden allenfalls nur einen Anspruch auf Hilflosenentschädigung und Intensivpflegezuschlag begründen. Ebenfalls brachte der Beschwerdeführer vor, es sei nicht Aufgabe der Juristen zu entscheiden, welche Massnahmen als medizinisch notwendig zu betrachten seien und welche nicht. Diesen Einwand erachtet das Bundesgericht als an der Sache vorbeigehend. Insgesamt werden sämtliche Einwände des Beschwerdeführers als unbegründet erachtet und die Beschwerde damit abgewiesen. Der kantonale Entscheid bleibt somit bestehen. |
Urteil des BGer 9C_88/2020 vom 8. Juli 2020 | Pflegeleistung durch Eltern – Medizinische Massnahmen Der 2001 geborene A. leidet unter anderem an Trisomie 21 sowie an einer angeborenen Herz- und Gefässstörung. Nach Anmeldung bei der Invalidenversicherung anerkannte die IV-Stelle des Kantons Thurgau namentlich den Anspruch auf Hilfsmittel, Hauspflegebeiträge sowie Kinderspitexleistungen zur Behandlung der Geburtsgebrechen. Zudem gewährte sie Hilflosenentschädigung wegen Hilflosigkeit zunächst mittleren, später schweren und schliesslich wieder mittleren Grades sowie einen Intensivpflegezuschlag für einen Betreuungsaufwand von zuerst mindestens acht sowie hernach sechs Stunden. Die Kinderspitex ersuchte bei der IV-Stelle um entsprechende Leistungen für den Zeitraum ab 1. Januar 2017. Nach Einholung weiterer Unterlagen teilte die IV-Stelle mit, dass sie das Gesuch ablehnt, da es sich bei den beantragten Massnahmen nicht um medizinische Massnahmen handle, welche zwingend eine medizinische Berufsqualifikation erforderten. Dagegen führt A. nun Beschwerde. Es ist unbestritten, dass der Beschwerdeführer Anspruch auf medizinische Massnahmen zur Behandlung seiner Geburtsgebrechen hat. Streitig und zu prüfen ist, ob die Vorinstanz Bundesrecht verletzte, indem sie die von der IV-Stelle am 9. Juli 2018 verfügte Ablehnung der Kostengutsprache für Kinderspitexleistungen ab 1. Januar 2017 bestätigte. Nach Art. 13 Abs. 1 IVG haben Versicherte bis zum vollendeten 20. Altersjahr Anspruch auf die zur Behandlung von Geburtsgebrechen notwendigen medizinischen Massnahmen. Die medizinischen Massnahmen umfassen die Behandlung, die von einem Arzt selbst oder seine Anordnung durch medizinische Hilfspersonen in Anstalts- oder Hauspflege vorgenommen wird, mit Ausnahme von logopädischen und psychomotorischen Therapien, und die Abgabe der ärztlich verordneten Arzneien.
Das kantonale Gericht ist zum Schluss gelangt, der Beschwerdeführer leide unbestrittenermassen an mehreren Geburtsgebrechen. Ebenfalls stehe fest, dass er respektive seine Mutter bezüglich Inhalation, Sauerstoff und CPAP-Gerät von der Lungenliga betreut und beraten werde. Ferner sei - namentlich auf Grund der in einer Telefonnotiz vom 21. August 2017 festgehaltenen Aussagen der Mutter des Versicherten, an deren Richtigkeit keine Zweifel bestünden - ausgewiesen, dass der Beschwerdeführer zu Hause ausschliesslich von seiner Mutter gepflegt werde. Bei diesen Vorkehren handle es sich mithin um Hauspflegetätigkeiten, nicht um von der Invalidenversicherung zu übernehmende medizinische Massnahmen. Als medizinische Massnahmen im Sinne von Art. 13 Abs. 1 und Art. 14 Abs. 1 lit. a IVG gelten nur Behandlungen, die notwendigerweise durch eine ärztliche Fachperson oder - auf ihre Anordnung hin - durch medizinische Hilfspersonen vorzunehmen sind. Die tägliche Krankenpflege stellt mangels therapeutischen Charakters keine medizinische Massnahme dar. Wie den Akten entnommen werden kann, wird die häusliche Pflege und Betreuung des Beschwerdeführers durch die Eltern, in erster Linie die Mutter, wahrgenommen, die nicht über eine medizinische Ausbildung verfügt. Bei diesen Vorkehren handelt es sich somit um Hauspflegetätigkeiten, nicht um von der Invalidenversicherung zu übernehmende medizinische Massnahmen. Gleiches gilt sodann auch für die Dienstleistungen, welche die Kinderspitex zweimal pro Woche gleichsam in Vertretung der Mutter zu Hause erbringt. Entscheidend ist nicht, ob eine ärztliche Verordnung für medizinische Massnahmen vorliegt, sondern ob - unabhängig von der Örtlichkeit - tatsächlich Massnahmen durchgeführt werden, welche die diesbezüglichen gesetzlichen Anforderungen erfüllen. Das hat die Vorinstanz zu Recht verneint. Fazit: Der Kläger unterliegt somit vor Bundesgericht und die Ablehnung der Vergütung der Massnahmen durch die IV-Stelle war nicht unrechtmässig. |
Kantonsgericht Basel-Landschaft (725 19 297/119) vom 04. Juni 2020 | Unfallversicherung Der am 26. Dezember 2016 verunfallte A. reichte Beschwerde gegen eine Verfügung der Suva ein, in welcher er eine Rente bei einer Erwerbsunfähigkeit von 100 % und eine Integritätsentschädigung für einen vollständigen Integritätsverlust zusprach. Gleichzeitig bejahte die Suva einen Anspruch auf Hilflosenentschädigung bei einer Hilflosigkeit schweren Grades (i.S.v. Art. 9 ATSG). Weiter sprach sie ihm gestützt auf Art. 18 Abs. 1 und 2 lit. a und b der Verordnung über die Unfallversicherung (UVV) vom 20. Dezember 1982 Pflegebeiträge in der Gesamthöhe von CHF 7'847.- monatlich zu. Der Beschwerdeführer A. rügte, dass der monatlich festgelegte Pflegebeitrag zu tief angesetzt sei. Es sei eine vollständige und umfängliche Erhebung des Pflegebedarfes zu erstellen und die Entschädigungen entsprechend anzupassen. Der Beschwerdeführer wurde seit seinem Unfall von seiner Frau und von zwei Spitex Mitarbeitern gepflegt. Er obsiegte vor Gericht vollständig, was vorliegend bedeutete, dass die Angelegenheit zur weiteren Abklärung zurück an die Vorinstanz gehen müsse und der Beschwerdeführer eine Parteientschädigung erhält. Seine Beschwerde wurde gutgeheissen, weil die Suva auf dem Erhebungsblatt der Pflegezeiten keine ausreichenden Unterscheidungen zw. Arbeiten, welche als Hilflosenentschädigung zu qualifizieren seien und Arbeiten, welche zu den medizinisch indizierten Massnahmen i.S.v. Art. 18 UVV (Verordnung über die Unfallversicherung) gehörten, vorgenommen habe. Aufgrund dieser Unklarheiten sei es nicht möglich, eine korrekte Berechnung der zu vergütenden Arbeit zu erstellen und deswegen wurde die Verfügung der Suva aufgehoben. Für Hilflosenentschädigungen werden jeweils Pauschalbeträge zugesprochen, während bei Massnahmen i.S.v. Art. 18 UVV genaue Vergütungsansätze pro Minute festgesetzt sind. Somit ist diese Unterscheidung von grosser Bedeutung, so dass dieser Fall neu beurteilt werden muss. |
Bundesgericht 8C_624/2019 vom 17. Januar 2020 | Assistenzbeitrag Die 2000 geborene A. leidet an einer Störung aus dem autistischen Spektrum. Mit Verfügung vom 6. November 2018 gewährte die IV-Stelle ihr ab 1. August 2018 eine Hilflosenentschädigung bei schwerer Hilflosigkeit. Mit Verfügung vom 27. März 2019 bestätigte sie den unveränderten Anspruch auf den Assistenzbeitrag. A. macht geltend, in Aufhebung des kantonalen Entscheides sei ihr ein Assistenzbeitrag auszurichten, der unter Berücksichtigung ihrer Tätigkeit auf dem ersten Arbeitsmarkt, eines marktgerechten Stundenansatzes für eine fachgerechte Betreuung von Fr. 49.80, eventualiter in jedem Fall von über Fr. 32.90, und einer fachgerechten Betreuung während zwölf Monaten pro Jahr einen jährlichen Betrag von Fr. 160'000.- nicht unterschreite. Streitig und zu prüfen ist, ob die Vorinstanz den von der IV-Stelle verfügten Assistenzbeitrag zu Recht bestätigte. A. rügt vorweg die Höhe des Assistenzbeitrags gemäss Art. 39f Abs. 1 IVV, welcher Fr. 33.20 pro Stunde beträgt. Sie macht im Wesentlichen geltend, damit könnten Behinderte nicht durch Fachpersonen betreut werden und dies sei willkürlich. Die Vorinstanz verwies auf BGE 141 V 642. In diesem Urteil führte das Bundesgericht aus, es habe sich in BGE 140 V 543 mit der Höhe des Pauschalansatzes für den Assistenzbeitrag von Fr. 32.50 resp. Fr. 32.80 pro Stunde gemäss Art. 39f Abs. 1 IVV befasst. Es habe entschieden, dass sie gesetzeskonform sei, eine Ferienentschädigung von 8,33 % beinhalte und in etwa dem Durchschnittslohn für persönliche Dienstleistungen gemäss Lohnstrukturerhebung des Bundesamtes für Statistik (LSE) entspreche. Gründe für eine Praxisänderung seien nicht ersichtlich. A. beruft sich weiter auf Art. 39f Abs. 2 i.V.m. Art. 39c lit. g IVV. Danach beträgt der Assistenzbeitrag Fr. 49.80 pro Stunde, wenn die Assistenzperson für die benötigten Hilfeleistungen im Bereich der Ausübung einer Erwerbstätigkeit auf dem regulären Arbeitsmarkt über besondere Qualifikationen verfügen muss. Die Vorinstanz verneinte die Anwendbarkeit dieser Regelung auf die Versicherte. Das Bundesgericht erachtet den vorinstanzlichen Entscheid als zutreffend und weist die Beschwerde deswegen ab. Der verfügte Assistenzbeitrag bleibt bestehen. |
Obergericht Zürich JAR 2020, S. 702-712, vom 11. Oktober 2019 | Lohnanspruch von pflegenden Angehörigen Das Obergericht Zürich hatte sich mit einem Urteil des Arbeitsgerichts Bülach zu befassen, in welchem das Arbeitsgericht das Bestehen eines Arbeitsvertrages zw. dem pflegenden Sohn und der pflegebedürftigen dementen Mutter i.S.v. Art. 319 ff. OR bejahte. Daraus ergebe sich ein Anspruch auf eine Lohnzahlung, welche der Kläger (Sohn) in diesem Fall der Beklagten (Mutter) gegenüber geltend machte. Er hatte bis anhin lediglich CHF 1'800.- pro Monat erhalten, was er angesichts seiner umfassenden Pflegeleistungen als zu wenig erachtete. In einem Entwurf eines Pflegevertrags, der von der damaligen Beiständen ausgearbeitet wurde, sollte der Kläger neu eine Entschädigung von CHF 7'300.- pro Monat (zuzüglich kostenloser Nutzung der Liegenschaft) erhalten. Die KESB wies diesen Vertrag mit der Begründung ab, die Entschädigung sei zu hoch. Ansonsten anerkannte die KESB jedoch die vom Kläger geleisteten Pflege- und Betreuungsarbeiten. Aus diesem Grund entstehe gemäss Obergericht Zürich auch dann ein Arbeitsvertrag, wenn dieser schlussendlich nie schriftlich zustande gekommen sei, da ein Einzelarbeitsvertrag formfrei geschlossen werden könne (nach Art. 11 i.V.m Art. 320 Abs. 1 OR). Somit ist das Ablehnen des Vertrages durch die KESB, alleine aufgrund der Höhe der geforderten Summe, kein Hindernis zur Entstehung eines Arbeitsvertrages des Pflegenden gegenüber der Mutter (vgl. Art. 320 Abs. 2 und Abs. 3 OR). In dem die KESB über längere Zeit weiterhin CHF 1'800.- an den Sohn bezahlte, willigte sie stillschweigend in das Bestehen eines Pflegevertrages ein, wobei jedoch die Höhe der Entschädigung nie festgelegt wurde. Die Tatsache, dass der Kläger offenbar überfordert war und deshalb ungenügende Pflegeleistungen erbrachte, und die Mutter dadurch in einen menschenunwürdigen Zustand geriert, vermöge am Bestehen eines Lohnanspruches des Sohnes ebenfalls nichts zu ändern. Dem Kläger wurde eine Lohnzahlung in Höhe von insgesamt CHF 29'300.- brutto zugesprochen, für seine erbrachten Pflegeleistungen in den Monaten Juli bis Oktober. |
Bundesgericht 9C_122/2019 vom 11. Juni 2019 | Ergänzungsleistungen Der 1998 geborene A. leidet an Muskeldystrophie Typ Duchenne sowie einem Asperger-Syndrom. Nebst einer ganzen Invalidenrente bezieht er eine Entschädigung für schwere Hilflosigkeit und Ergänzungsleistungen. Er lebt im Haushalt seiner Eltern und wird von seiner Mutter gepflegt. Sie gelangte im Namen ihres Sohnes A. an die Ausgleichskasse des Kantons Aargau und ersuchte um Vergütung ihres jährlichen Erwerbsausfalls in der Höhe von CHF 101 966.– ab August 2016. Die Ausgleichskasse anerkannte einen hypothetischen Erwerbsausfall im Betrag von CHF 35 170.– im Jahr. Da der Versicherte eine Entschädigung für schwere Hilflosigkeit beziehe, von seiner Mutter zu Hause Pflege und Betreuung erhalte, diese deswegen einen länger dauernden und wesentlichen Erwerbsausfall erleide, nicht in die EL-Berechnung eingeschlossen sei und das AHV-Alter noch nicht erreicht habe, habe der Versicherte Anspruch auf Vergütung der Kosten für durch Familienangehörige erbrachte Pflege und Betreuung nach § 14 ELKV-AG mit den Höchstbeträgen nach § 3 Abs. 2 ELG-AG in Verbindung mit Art. 14 Abs. 3 - 5 ELG. |
BGE 145 V 161 | Krankenversicherung Die 1948 geborene A.A. ist bei der Arcosana AG obligatorisch krankenpflegeversichert. Seit dem Auftreten einer Paraplegie wird sie seit Dezember 2015 zu Hause von ihrem Ehemann B.A. sowie von der Spitex C. pflegerisch betreut. B.A. wurde auf 1. Januar 2017 von der X. GmbH als pflegender Angehöriger angestellt. Nachdem die X. GmbH ein entsprechendes Übernahmeersuchen gestellt hatte, teilte die Arcosana AG am 12. März 2018 schriftlich mit, dass für die Zeit vom 1. Januar 2017 bis 30. Juni 2018 die der Abklärung, Beratung und Koordination sowie der Grundpflege dienenden Massnahmen vergütet würden; Leistungen für Massnahmen der Untersuchung und der Behandlung lehne sie demgegenüber ab, da B.A. nicht über die hierfür erforderliche Ausbildung verfüge. Daran wurde mit Verfügung vom 1. Mai 2018 sowie - auf Einsprache hin - mit Einspracheentscheid vom 7. Dezember 2018 festgehalten. Die dagegen erhobene Beschwerde wies das Verwaltungsgericht des Kantons Glarus mit Entscheid vom 7. Februar 2019 ab. A.A. lässt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten führen und beantragen, in Aufhebung des angefochtenen Entscheids sei die Arcosana AG zu verpflichten, die von ihrem Ehemann in seiner Funktion als Arbeitnehmer der X. GmbH erbrachten Massnahmen der Behandlungspflege zu vergüten, eventuell sei die Angelegenheit im Sinne der Erwägungen an die Vorinstanz zurückzuweisen. Erwägungen: Streitig ist, ob die Vorinstanz Bundesrecht verletzte, indem sie die Ablehnung der Leistungspflicht der Beschwerdegegnerin in Bezug auf die vom Ehemann der Beschwerdeführerin in seiner Funktion als Angestellter der X. GmbH erbrachten pflegerischen Massnahmen der Untersuchung und der Behandlung – und damit den Einspracheentscheid vom 7. Dezember 2018 – bestätigt hat. Präzisierend hielt das EVG gleichenorts fest, dass als pflegende Personen auch Familienangehörige in Frage kommen könnten. Mit Blick auf das hier durchaus bestehende Missbrauchspotenzial sei aber zu fordern, dass in atypischen Konstellationen, namentlich wo die Tätigkeit als Angestellte oder Angestellter der Spitex einzig in der Pflege von Familienangehörigen bestehe, die Kriterien der Wirksamkeit, Zweckmässigkeit und Wirtschaftlichkeit der Leistungen nach Art. 32 Abs. 1 KVG allenfalls durch den Vertrauensarzt genauer zu überprüfen seien. Zusammenfassend hält das Bundesgericht fest, dass der Ehemann der Beschwerdeführerin über keine pflegerische Ausbildung verfügt. Nach dem Dargelegten können folglich zwar Massnahmen der Grundpflege im Sinne von Art. 7 Abs. 2 lit. c Ziff. 1 KLV, nicht aber Leistungen im Rahmen von Art. 7 Abs. 2 lit. b KLV (Untersuchung und Behandlung) von der Beschwerdegegnerin übernommen werden. Daran ändert mit dem kantonalen Gericht nichts, dass die durch den Ehemann geleistete Pflege hausärztlicherseits als qualitativ einwandfrei beschrieben und sie sowohl durch die Spitexorganisationen C. und X. GmbH als auch durch den Hausarzt überwacht wird. Anders als im Fall von Grundpflegeleistungen lässt sich daraus kein Anspruch auf Kostenübernahme für Verrichtungen im Bereich der Untersuchung und der Behandlung nach Art. 7 Abs. 2 lit. b KLV ableiten. Die Beschwerde wird deswegen abgewiesen und der vorinstanzliche Entscheid damit bestätigt. Fazit: Pflegende Angehörige ohne Pflegefachdiplom können von Spitexorganisationen nur für Grund-, nicht aber Behandlungspflegeleistungen angestellt werden. |
Verwaltungsgericht Glarus VG.2017.00047 vom 31. August 2017 | Krankenversicherung Die Care Solutions GmbH ist als zugelassene private Spitex-Organisation berechtigt, pflegende Angehörige anzustellen. |
BGE 142 III 433 | Reflexschaden Am 30. August 2003 wurden A. (Kläger, Beschwerdeführer) und seine Ehefrau bei einem Autounfall verletzt. A. erlitt eine HWS-Distorsion Grad II. In der Folge wurde bei ihm eine somatoforme Schmerzstörung diagnostiziert. Er macht gestützt auf Art. 58 i.V.m. Art. 65 SVG einen Schadenersatzanspruch wegen Erwerbsausfalls gegen die B. AG (Beklagte, Beschwerdegegnerin) als Motorfahrzeug-Haftpflichtversicherung der Unfallverursacherin geltend. Mit Urteil vom 10. März 2015 verurteilte das Bezirksgericht Lenzburg die B. AG zur Zahlung von insgesamt Fr. 20'095.55. Gegen dieses Urteil erhob die B. AG Berufung beim Obergericht des Kantons Aargau; sie beantragte, das erstinstanzliche Urteil sei aufzuheben und die Klage sei abzuweisen. Mit Urteil vom 14. Oktober 2015 hiess das Obergericht des Kantons Aargau die Berufung der B. AG gut und wies die Klage und die Anschlussberufung ab. Mit Beschwerde in Zivilsachen vom 20. November 2015 beantragt A. dem Bundesgericht, das Urteil des Obergerichts des Kantons Aargau sei aufzuheben und die Streitsache sei zur Beurteilung und Festlegung des Schadenquantitativs an die Vorinstanz zurückzuweisen. Erwägungen: Die Vorinstanz kam zum Schluss, der Beschwerdeführer sei durch den Unfall nicht direkt geschädigt worden. Vielmehr habe er einzig aufgrund seiner besonderen Beziehung zur Direktgeschädigten, seiner Ehefrau, einen (Reflex-)Schaden erlitten. Solche Reflexverletzungen absoluter Rechte begründeten nur dann eine Haftung, wenn sie die von der Rechtsprechung entwickelten Kriterien des Schockschadens erfüllten. Da dies vorliegend nicht zutreffe, sei die Widerrechtlichkeit zu verneinen. Das Bundesgericht hat in BGE 138 III 276 wieder bestätigt, dass der Dritte, der nur aufgrund einer besonderen Beziehung zum Direktgeschädigten einen Reflexschaden - bzw. indirekten Schaden - erleidet, grundsätzlich keinen Anspruch gegen den Schadensverursacher hat. Gleichzeitig gilt nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung der mittelbar geschädigte Dritte prinzipiell als widerrechtlich und mithin direkt Geschädigter, wenn er durch ein Schreckerlebnis in seinen absoluten, von der Rechtsordnung geschützten Rechten wie der psychischen bzw. körperlichen Integrität verletzt ist. Ob diese Rechtsprechung auf die sog. Schockschäden begrenzt ist oder ob allgemein bei Reflexverletzungen absoluter Rechte der Geschädigte als Direktgeschädigter gilt (wie A. geltend macht), kann indessen offenbleiben, wenn ein adäquater Kausalzusammenhang fehlt. Das Bundesgericht kommt zum Schluss, dass der Beschwerdeführer zwar aufgrund der ehelichen Beistandspflicht (Art. 159 Abs. 3 ZGB) gehalten war, seine Ehefrau zu unterstützen und zu pflegen. Dass sich dabei aber mit einer Latenz von einigen Monaten eine somatoforme Schmerzstörung entwickelte, darf billigerweise nicht mehr der Haftpflichtigen zugerechnet werden. Es ginge unter dem Gesichtspunkt von Recht und Billigkeit zu weit, die Haftung der Person, die für die Pflegebedürftigkeit einer Direktgeschädigten verantwortlich ist, auf sämtliche Schäden wegen psychischer oder körperlicher Beeinträchtigung der pflegenden Angehörigen auszuweiten. Es liegen zudem keine besonderen Umstände vor, aufgrund welcher der Schaden des pflegenden Angehörigen ausnahmsweise nach Recht und Billigkeit und ohne Gefahr einer Haftungsausuferung der Haftpflichtigen des Unfalls zugerechnet werden könnte. Die Vorinstanz hat somit kein Bundesrecht verletzt, indem sie einen adäquaten Kausalzusammenhang verneint und die Klage des Beschwerdeführers abgewiesen hat. |
Bundesgericht 9C_88/2016 vom 12. Mai 2016 | Krankenversicherung Der 1936 geborene B. sel., bei der Helsana u.a. obligatorisch krankenpflegeversichert gewesen, wohnte bis Ende Juni 2009 in einem Alters- und Pflegeheim. Von 1. Juli 2009 bis zu seinem Tod am 12. Dezember 2009 wurde er von seinem Sohn A. in einem Privathaushalt gepflegt. Im Oktober 2009 erkundigten sich die Söhne des Versicherten erstmals über die Versicherungsleistungen bei Erbringung der Pflege durch einen der Söhne. Nach diverser Korrespondenz forderte A. von der Helsana die Vergütung der von 1. Juli bis 12. Dezember 2009 erbrachten und auf CHF 12'705.– bezifferten Pflegeleistungen (165 Tage à CHF 77.–), zzgl. Zins von 5 % seit März 2013. Mit Verfügung vom 9. Januar und Einspracheentscheid vom 13. Mai 2015 verneinte die Helsana einen Vergütungsanspruch mit der Begründung, A. sei kein zugelassener Leistungserbringer im Sinne des KVG. |
EGMR 7186/09, Di Trizio vs. Schweiz vom 2. Februar 2016 | Verletzung von Art. 14 (Diskriminierungsverbot) in Verbindung mit Art. 8 EMRK (Recht auf Schutz des Privat- und Familienlebens) Die Beschwerdeführerin aus dem Kanton St. Gallen, welche ihren Vollzeitjob aufgrund von Rückenproblemen aufgeben musste, verlor ihre halbe Invalidenrente nach der Geburt von Zwillingen, da die IV den Invaliditätsgrad neu berechnete und darauf abstellte, dass die Beschwerdeführerin aufgrund der Kinderbetreuung theoretisch nur noch einer Teilzeitbeschäftigung nachgehen könnte. Die IV wandte deshalb die "gemischte Methode" an, nach der ihr Invaliditätsgrad nur noch 27% betrug. Der EGMR sah in der Annahme, dass eine Mutter nach der Geburt eines Kindes nur noch Teilzeit arbeite und in der darauf basierende Berechnung der IV eine Geschlechterdiskriminierung, da die "gemischte Methode" in 98% bei Frauen Anwendung finde. Der EGMR verurteilte die Schweiz mit 4 zu 3 Stimmen wegen Verletzung von Art. 14 in Verbindung mit Art. 8 EGMR. |
BGE 141 V 642 | Assistenzbeitrag Der 1977 geborene A. lebt bei seinen 1930 resp. 1933 geborenen Eltern und bezieht seit langem nebst einer ganzen Rente der Invalidenversicherung eine Hilflosenentschädigung für Hilflosigkeit schweren Grades. Im Februar 2013 ersuchte er um einen Assistenzbeitrag. Nach Abklärungen und Durchführung des Vorbescheidverfahrens sprach ihm die IV-Stelle Schwyz mit Verfügung vom 16. August 2013 einen Assistenzbeitrag an tatsächlich erbrachte Assistenzstunden von monatlich durchschnittlich Fr. 6'152.45 resp. jährlich maximal Fr. 67'676.95 ab 1. Februar 2013 zu. Die dagegen erhobene Beschwerde wies das Verwaltungsgericht Schwyz ab. A. beantragt mit Beschwerde ans Bundesgericht, dass dieser Entscheid des Verwaltungsgerichts aufgehoben werden soll und die IV-Stelle soll verpflichtet werden, ihm die gesetzlichen Leistungen nach IVG (Bundesgesetz über die Invalidenversicherung) Fr. 140'501.40 jährlich auszurichten.
Erwägungen: Anspruch auf einen Assistenzbeitrag haben Versicherte, denen eine Hilflosenentschädigung der IV nach Artikel 42 Absätze 1-4 ausgerichtet wird, die zu Hause leben und volljährig sind. Ein Assistenzbeitrag wird gewährt für Hilfeleistungen, die von der versicherten Person benötigt und regelmässig von einer natürlichen Person (Assistenzperson) unter bestimmten Voraussetzungen erbracht werden. Bereits im vorinstanzlichen Verfahren machte A. geltend, dass seine Eltern bei der Abklärung des Assistenzbedarfs rund 80 resp. 83 Jahre alt waren, an diversen altersbedingten Gebrechen litten und nicht "noch mehr zusätzlich" belastet werden könnten. Zwar ist dem BSV beizupflichten, dass das Alter allein kein geeignetes Kriterium zur Beurteilung der Zumutbarkeit einer Mithilfe ist. Es ist indessen in concreto ein klarer Anhaltspunkt, der Anlass zu weiteren Abklärungen hätte geben müssen. Weder dem Abklärungsbericht Assistenzbeitrag noch den übrigen Unterlagen lässt sich etwas über die Leistungsfähigkeit der Eltern entnehmen. Hinzu kommt, dass die umstrittene Leistung lediglich ein Beitrag an die Assistenz ist und im konkreten Fall vom Gesamthilfebedarf, wie er durch die Verwaltung ermittelt wurde, monatlich immerhin 81,77 Stunden weder durch den Assistenzbeitrag noch durch die Hilflosenentschädigung oder über die Krankenversicherung abgedeckt werden (E. 3.1). Die Verwaltung wird zu prüfen haben, inwiefern dieser Umstand die betagten Eltern belastet und ob es zumutbar ist, sie darüber hinaus zur Schadenminderung heranzuziehen. Anschliessend wird sie über den Assistenzbeitrag pro Jahr neu zu entscheiden haben. In diesem Punkt ist die Beschwerde begründet. |
Bundesgericht 9C_43/2012 vom 12. Juli 2012 | Krankenversicherung Einen Anspruch auf Kostenübernahme für Leistungen der Kinder-Spitex des Kantons X. (Kispex) lehnte die IV-Stelle ab; das kantonale VGer wie auch das BGer bestätigten die fehlende Leistungspflicht der Invalidenversicherung. Nachdem die Kispex die Rechnungen für die von ihr zwischen Januar und September 2009 erbrachten Leistungen im Gesamtbetrag von Fr. 20 427.50 der KLuG Krankenversicherung, Zug, als obligatorischer Krankenkasse der V. eingereicht hatte, lehnte die KLuG eine Übernahme dieser Kosten ab. Entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin qualifizierte das kantonale Gericht diese aber nicht gesamthaft als Behandlungspflege, sondern erwog, die von der Kispex unter den Titeln "Behandlungspflege" und "Nachtwache" erbrachten Leistungen seien vollumfänglich als Grundpflege (Art. 7 Abs. 2 lit. c KLV) anzusehen. Es rechtfertigt sich daher, die hier erbrachten Leistungen der Kispex gesamthaft als Behandlungspflege im Sinne von Art. 7 Abs. 2 lit. b KLV zu qualifizieren. Weil Leistungen behandlungspflegerischer Natur nicht kongruent sind mit Hilflosenentschädigung und Intensivpflegezuschlag, fällt ein Einbezug in die Überentschädigungsberechnung ausser Betracht. Die Beschwerdeführerin hat somit Anspruch auf die ungekürzte Vergütung der Kosten für die Behandlungspflege im Gesamtbetrag (Januar bis September 2009) in Höhe von CHF 20 427.50. |
Obergericht Zürich vom 26. Januar 2012 (NG110007-O/U) | Rechtliche Einordnung des Pensions- und Pflegevertrags Die Parteien schlossen am 6. Oktober 2006 einen Pensions- und Pflegevertrag ab, die Klägerin als Residenz und Beklagte als Pensionär im Vertrag aufgeführt wurden. Der Vertragszweck wurde wie folgt umschrieben: "Die Residenz bietet dem Pensionär mit diesem Pensionsvertrag ein umfassendes Angebot an Dienstleistungen und trägt so zu einer angenehmen Lebensform in einem freundlichen und sicheren Umfeld bei. Die Leistungen der Residenz beinhalten insbesondere Wohnen, Betreuung, Pflege, Verpflegung sowie übrige Dienstleistungen." Als im Pensionspreis inbegriffene Leistungen wurden aufgeführt: Wohnen (inkl. Reinigung), Verpflegung: Mittagessen, Betreuung und übrige Leistungen. Als nicht inbegriffene Leistungen wurden aufgeführt: Drittkosten und Gebühren, zusätzliche Dienstleistungen sowie Pflege und medizinische Betreuung. Mit Schreiben vom 24. September 2008 zeigte die Klägerin dem Berufungsbeklagten per 1. Januar 2009 – nebst der Aufnahme der bis dahin separat fakturierten Pauschalen für Strom und die Anschlussgebühren für Kabel- fernsehen/Radio und Telefon – eine Anpassung des Pensionspreises um Fr. 156.–. Das Herabsetzungsbegehren des Pensionärs lehnte die Residenz mit der Begründung ab, dass der Pensionsvertrag nicht dem Mietrecht unterliege. Die Klägerin ist der Ansicht, die Anwendung von Mietrecht auf die Frage der Zulässigkeit der Pensionspreiserhöhung sei nicht richtig. Der Beklagte vertritt die Auffassung, dass der Pensions- und Pflegevertrag augenfällig mietrechtlicher Natur sei. Da sich die Pensionspreiserhöhung nicht nach Mietrecht, sondern nach Auftragsrecht richtet, war sie nicht auf einem vom Kanton genehmigten Formular gemäss Art. 269 d OR mitzuteilen und damit auch nicht nichtig. In Gutheissung der Berufung ist deshalb die Klage (negative Feststellungs- und Rückforderungsklage) abzuweisen. |
Bundesgericht 4A_225/2011 vom 15. Juli 2011 | Entschädigung für Betreuungsaufwand X. (Beschwerdegegnerin), geboren am 20. Juni 1992, erlitt bei einem Unfall am 30. April 2001 schwerste Gehirnschäden und befindet sich seither im Wachkoma (apallisches Syndrom). Sie verlangte von der Y. (Beschwerdeführerin) mit einer Teilklage ursprünglich Fr. 350'000.-- für den bis 31. Dezember 2005 entstandenen Schaden. Das Obergericht des Kantons Luzern, vor welchem sie schliesslich zusätzlich zu den vor erster Instanz anerkannten Fr. 24'023.55 noch Fr. 189'115.55 nebst Zins gefordert hatte, nahm am 27. August 2009 von der Anerkennung der Schadenersatzansprüche Vormerk und wies die Klage im Übrigen ab, da der geltend gemachte Schaden nebst Zins durch die bereits geleisteten Zahlungen von insgesamt Fr. 251'166.50 gedeckt sei. Diesen Entscheid hob das Bundesgericht am 25. Mai 2010 auf und wies die Sache zurück zur Neufestsetzung des Stundenansatzes für die Entschädigung des Betreuungsaufwandes für durch die Eltern der Beschwerdegegnerin am Wochenende erbrachte Pflegeleistungen. Mit Urteil vom 14. Februar 2011 erkannte das Obergericht, die Beschwerdegegnerin habe den Bruttostundenansatz von Fr. 26.39 vor Bundesgericht akzeptiert. Dazu rechnete es Zuschläge für Sozialversicherungsbeiträge des Arbeitgebers von 10 % und für Ferien/Feiertage von 14 % sowie eine zusätzliche Entschädigung für Sonntagsarbeit von Fr. 3.69 pro Stunde, da die Beschwerdeführerin diese von der Beschwerdegegnerin vor erster Instanz geltend gemachten Zuschläge masslich nicht substanziiert bestritten habe. Mit Beschwerde in Zivilsachen beantragt die Beschwerdeführerin dem Bundesgericht, das Urteil des Obergerichts aufzuheben und die Klage im Betrag von Fr. 5'103.25 gutzuheissen, unter Kosten- und Entschädigungsfolge zu Lasten der Beschwerdegegnerin. Erwägungen: Die Beschwerdeführerin ist der Auffassung, das Obergericht habe Art. 42 OR verletzt, indem es die Zuschläge von 10 % für Arbeitgeberbeiträge und von 14 % für Ferien/Feiertage auf dem Bruttostundenansatz von Fr. 26.39 anstatt aufgrund der Nettolohnsumme berechnete. Das Bundesgericht hielt im Rückweisungsentscheid fest, für die Berechnung des Schadenersatzanspruchs seien die Bruttokosten massgeblich, die eine Betreuung durch eine Drittperson über das Wochenende konkret verursachen würde, einschliesslich allfälliger Zuschläge für Sonntagsarbeit oder Ferien. Es ist auf die tatsächlichen Kosten abzustellen, die eine entsprechende Betreuung verursachen würde, beziehungsweise auf deren Marktwert. Das Bundesgericht wies die Sache an die Vorinstanz zurück, weil Feststellungen zur Höhe der Zuschläge, die tatsächlich angefallen wären, fehlten. Massgebend sind gemäss Rückweisungsentscheid wie dargelegt die tatsächlichen Kosten, die bei einer Drittbetreuung angefallen wären. Die Vorinstanz stellte mangels Bestreitung auf die von der Beschwerdegegnerin geltend gemachten Zuschläge ab. Im Rahmen der Verhandlungsmaxime bedürfen nicht bestrittene Tatsachen grundsätzlich nicht des Beweises und sind dem Urteil auch dann zu Grunde zu legen, wenn sie sich nicht verwirklicht haben sollten. Die Beschwerdeführerin zeigt nicht auf, dass die Beschwerdegegnerin in der Klage die Zuschläge von 10 % und 14 % auf dem Nettolohn behauptet hätte. Insgesamt erweist sich die Beschwerde als unbegründet und wird abgewiesen. |
Bundesgericht 8C_994/2010 vom 20. Juni 2011 | Unfallversicherung Zu prüfen ist, ob der Beschwerdeführer in den beiden alltäglichen Lebensverrichtungen Aufstehen und Kontaktaufnahme regelmässig in erheblicher Weise auf Dritthilfe angewiesen ist (Art. 38 Abs. 4 lit. a UVV; E. 2.1 hiervor) und/oder einer dauernden persönlichen Überwachung (Art. 38 Abs. 4 lit. b UVV) sowie einer durch das Gebrechen bedingten ständigen und besonders aufwendigen Pflege bedarf (Art. 38 Abs. 4 lit. c UVV) bedarf. Die Vorinstanz hat dies beim "Aufstehen" offengelassen und in den übrigen Punkten verneint. Grundsätzlich kann der Versicherte gut alleine sein. Soweit er vorbringt, die Ehefrau müsse am Morgen kontrollieren, ober er überhaupt aufstehe, würde es sich um indirekte Dritthilfe bei der alltäglichen Lebensverrichtung des Aufstehens handeln. Wenn die Ehefrau angab, ihre Eltern schauten auch ab und zu zu ihm, kann nicht von dauernder persönlicher Überwachung ausgegangen werden. Entgegen der Auffassung des Versicherten erfüllt die dauernde tägliche Medikamentenabgabe nicht per se die Anforderungen von Art. 38 Abs. 4 lit. c UVV, ohne dass noch zusätzliche Umstände hinzutreten müssten. |
Bundesgericht 8C_81/2010 vom 07. Juli 2010 | Invalidenversicherung Aufgrund der 4. Revision des IVG werden in Zukunft aufgrund von Art. 14 IVG nur noch die ärztlich angeordneten medizinischen Massnahmen, welche durch qualifiziertes medizinisches Personal zu Hause durchgeführt wird, übernommen. Das kantonale Gericht ist zum Ergebnis gelangt, die Kinder-Spitex komme während zwei Nächten pro Woche zum Einsatz. Eine medizinische Notwendigkeit, die entsprechenden Vorkehren durch medizinisch ausgebildetes Personal vornehmen zu lassen, bestehe nicht. Die einzelnen Verrichtungen dienten der Entlastung der Eltern. Das heisst nun aber nicht, dass für den durch das Geburtsgebrechen erforderlichen pflegerischen Mehraufwand der Eltern und für deren Entlastung durch die Kinder-Spitex kein Leistungsanspruch aus der IV besteht. Diesem Anspruch ist aber nicht unter dem Titel der medizinischen Massnahmen, sondern über die Hilflosenentschädigung und den Intensivpflegezuschlag Rechnung zu tragen. |
Bundesgericht 4A_500/2009 vom 25. Mai 2010 | Entschädigung des Betreuungsaufwand X. (Beschwerdeführerin) wurde am 30. April 2001 bei der Garageneinfahrt einer im Eigentum der Y. (Beschwerdegegnerin) stehenden Liegenschaft vom elektronischen Garagenkipptor angehoben und zwischen Tor und Garagendecke eingeklemmt. Sie erlitt dabei unter anderem schwerste Gehirnschäden und befindet sich seither im Wachkoma (apallisches Syndrom). X. macht geltend, die Vorinstanz habe bei der Festsetzung des Stundenansatzes für die Entschädigung des Betreuungsaufwandes für durch die Eltern der Beschwerdeführerin am Wochenende erbrachte Pflegeleistungen den Zuschlag für die Sonntagsarbeit übersehen und keine Feiertags- und Ferienentschädigung angerechnet. Die Vorinstanz und auch die Beschwerdegegnerin vertreten die Auffassung, im Rechtsmittelverfahren habe die Beschwerdeführerin nicht (beziehungsweise nicht explizit) an einer Entschädigung für Sonntagsarbeit und für Abgeltung nicht bezogener Fest- und Ferientage festgehalten. Die Beschwerdegegnerin ist überdies der Meinung, da der Schaden rückwirkend geltend gemacht werde und tatsächlich keine Fremdbetreuung erfolgt sei, könnten ohnehin keine Zuschläge verlangt werden.
Im Bereich des Pflegeschadens gewährt Art. 46 OR der verletzten Person Anspruch auf die Kosten, die sie aufwenden muss, um die Folgen der Körperverletzung zu beheben oder wenigstens einzuschränken. Darunter fallen die Kosten dauernder Betreuung und Pflege. Auch die Pflege zu Hause geht, soweit sie unfallbedingt ist, zu Lasten des Haftpflichtigen. Wird sie von Familienangehörigen besorgt, muss sie gleichwohl entschädigt werden. Der Schaden ist nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts unter Zugrundelegung des erforderlichen Stundenaufwandes nach dem ortsüblichen Lohn einer Pflegekraft zu ermitteln, wobei der Bruttolohn zuzüglich Arbeitgeberbeiträge an die Sozialversicherung massgeblich ist. Sämtliche Lohnkosten sind einzubeziehen. Es ist auf die tatsächlichen Kosten abzustellen, die eine entsprechende Betreuung verursachen würde, beziehungsweise auf deren Marktwert. Ein darüber hinausgehender Erwerbsausfall des Pflegenden ist dagegen in der Regel nicht zu ersetzen. Es macht keinen Unterschied, ob Schadenersatz für die Vergangenheit oder für die Zukunft verlangt wird.
Die Beschwerde erweist sich dahingehend begründet, als dass es um die Feststellungen zur Höhe der Zuschläge, die bei Betreuung durch eine Drittperson tatsächlich angefallen wären, geht. Die Sache ist daher an die Vorinstanz zurückzuweisen, damit diese über das Quantitativ der von der Beschwerdeführerin X. geltend gemachten Zuschläge entscheide. Nicht begründet ist die Beschwerde, soweit darin Ersatz für die Pflegeleistungen der Eltern während des Aufenthalts im Heim verlangt wird. Die Betreuung der Beschwerdeführerin im Heim wird aber bereits mit dem Ersatz der Heimkosten abgegolten. Wenn die Eltern der Beschwerdeführerin anlässlich ihrer Besuche auch für die Pflege der Beschwerdeführerin sorgen und das Heimpersonal insoweit entlasten, kann die Beschwerdeführerin diesen freiwillig geleisteten Aufwand ihrer Eltern nicht noch einmal zum Ersatz verstellen. Ein Anspruch wäre nur gegeben, soweit sich in diesem Umfang die vom Schädiger zu tragenden Heimkosten verringert hätten, was nicht festgestellt ist. Da die Vorinstanz bei der Berechnung des Pflegeschadens am Wochenende die geltend gemachten Ferien- Feiertags- und Sonntagszuschläge zu Unrecht ausser Acht liess, ist das angefochtene Urteil in teilweiser Gutheissung der Beschwerde aufzuheben und die Sache zu neuer Entscheidung an die Vorinstanz zurückzuweisen. |
Kantonsgericht Graubünden vom 23. November 2009 (ZK2 09 49) | Schadenersatz/Betreuungsschaden Am 18. Januar 2005 fuhr Y. in Begleitung ihres Ehemannes und ihres Enkelkindes mit der A.-Bahn. Auf dem Weg vom Bahnhof zur Talstation bzw. zum darunter liegenden Parkplatz der X. AG stürzte Y., wobei sie sich mehrfach den rechten Unterarm und darüber hinaus zwei Knochen der linken Handwurzel brach. Aufgrund dieses Sturzes stellte Y. Schadenersatzforderungen gegen die X. AG. Die X. AG hat mit Berufung gefordert, dass diese Schadenersatzansprüche gegen sie abzuweisen seien, da sie keine Schuld am Unfall von Y. hätten. Der vorinstanzliche Schluss, dass die X. AG ihrer gegenüber den Wegbenützern notwendigen Unterhaltspflicht – namentlich der Pflicht, den Weg zu streuen, zu sanden, aufzurauen oder mit Holzspänen zu versehen – nicht genügend nachgekommen ist, so dass ein Werkmangel vorliegt, für den die X. AG verantwortlich ist, ist unter diesen Umständen nicht zu beanstanden. Somit ist ein Schadenersatzanspruch zu bejahen, wen der natürliche Kausalzusammenhang gegeben ist. Insgesamt gelang es der X. AG nicht, ernsthafte Zweifel über die entscheidende Rolle der Eisglätte des Verbindungsweges als Ursache des Sturzes der Berufungsbeklagten erwecken. Die Vorinstanz hat den natürlichen Kausalzusammenhang daher zu Recht bejaht. Die X. AG macht geltend, der zugesprochene Betreuungsschaden sei nicht durch das Gutachten zur Erhebung des Haushaltsschadens abgedeckt. Dieser Einwand ist zutreffend. Die Vorinstanz sprach der Berufungsbeklagten eine Betreuungsentschädigung zu für die Hilfe, die sie im Zusammenhang mit der medizinischen Betreuung und den Physiotherapiesitzungen, bei der Körperpflege und beim An- und Auskleiden sowie für Fahrten ins Universitätsspital bzw. zu den Physiotherapiesitzungen benötigt hatte. Demgegenüber bezieht sich der von der Haushaltsexpertin errechnete Betreuungsschaden auf die Einschränkungen der Berufungsbeklagten beim regelmässigen Hüten ihres Enkelsohnes. Dass der der Berufungsbeklagten zugesprochene Ersatz für den Betreuungsschaden nicht durch das Gutachten zur Erhebung des Haushaltsschadens gedeckt ist, bedeutet aber nicht, dass gar keine Grundlage für die Zusprechung des Schadenersatzes bestand. Fazit: Im Ergebnis ist die Berufung der X. AG vollumfänglich abzuweisen und das angefochtene Urteil der Vorinstanz zu schützen. Die X. AG hat gegenüber der verunfallten Y. Schadenersatz zu leisten. |
Bundesgericht 9C_597/2007 vom 19. Dezember 2007 | Krankenversicherung Die Spitex-Organisation, welche pflegende Angehörige anstellt, entscheidet in Absprache mit dem zuständigen Arzt nach pflichtgemässem Ermessen, wie intensiv die Überwachung und Betreuung der angestellten pflegenden Angehörigen durch ihr Fachpersonal zu erfolgen hat. Bei einer versicherten Person, welche an Multiple Sklerose leidet und rund um die Uhr betreut werden muss, genügt es, wenn die Spitex-Organisation zweimal jährlich vor Ort die Pflegesituation überprüft und mit dem angestellten Angehörigen gelegentliche persönliche und telefonische Kontakte pflegt. Die Krankenversicherung hatte in diesem Fall die Kosten für die erbrachten Pflegeleistungen zu übernehmen und konnte sich nicht erfolgreich darauf berufen, dass der pflegende Ehemann über keine spezifische Pflegeausbildung verfügt, da er hinreichend überwacht wurde und er die eher einfacheren Pflegeleistungen fachgerecht durchgeführt hat. |
Bundesgericht 4C.413/2006 vom 27. März 2007 | Dritt-/Reflexschäden und Aktivlegitimation Die Y. (Beklagte) ist Eigentümerin und Vermieterin der Liegenschaft F. In dieser kam es zu einem Unfall mit einem Garagentor, in dessen Schliessmechanismus der fünfjährige A.X. eingeklemmt wurde und in der Folge schwere Verletzungen am Bein aufwies. Er musste mehrere Monate hospitalisiert werden. Die Familie klagt auf Schadenersatz und Genugtuung ggü. Der Eigentümerschaft Y., da diese für einen Sicherungsmechanismus des Garagentors hätten sorgen müssen. Bei Erstellung des Garagentores im Jahre 1994 existierte noch keine gesetzlichen Bestimmungen oder Normen für automatisierte Toranlagen im privaten Wohnungsbereich. Ein Experte gelangte zum Schluss, dass das Garagentor in verschiedener Hinsicht den damals gültigen Richtlinie widerspreche und mehrere der Sicherheit dienende Mechanismen nicht installiert waren.
Die Berufungskläger verlangen in eigenem Namen Schadenersatz für Auslagen im Zusammenhang mit der Verbringung von A.X. nach Belgrad zu Operationen und dortige Betreuung und Begleitung durch Familienangehörige sowie für Lohnausfall der Mutter. Das Obergericht erwog, bei diesen Schadenspositionen handle es sich um Dritt- oder Reflexschaden. Zur Geltendmachung dieser Schadenspositionen wäre allein A.X. als Direktgeschädigter berechtigt gewesen. Den Berufungsklägern hingegen fehle hierzu die Aktivlegitimation. Die Kläger rügen diese Rechtsauffassung als Verletzung von Art. 58 OR. Richtig gesehen seien die Eltern direkt und unmittelbar geschädigt, weil sie aufgrund der gesetzlichen Beistandspflicht nach Art. 272 ZGB zur Erbringung der geltend gemachten Auslagen, gefolgt von Lohnausfall, verpflichtet gewesen seien. Dieser Auffassung kann nicht gefolgt werden. Der Betreuungsschaden ist rechtlich nicht als Schaden des betreuenden Angehörigen zu betrachten, sondern gilt als Leistung zugunsten des Geschädigten, die von diesem nach Art. 402 oder 422 OR zu entschädigen ist und die dieser wiederum beim Haftpflichtigen geltend machen kann. Dasselbe gilt für Lohnausfall des betreuenden oder begleitenden Angehörigen und für weitere Aufwendungen der Angehörigen wie solche für Fahrten ins Spital. Das sind Reflexschäden, deren Ersatz die nur indirekt Betroffenen nicht vom Haftpflichtigen verlangen können, will man den Kreis der Anspruchsberechtigten nicht unkontrolliert ausweiten. Die Berufung ist deswegen abzuweisen. |
BGE 133 V 218 = Pra 97 (2008) Nr. 20 | Krankenversicherung Ein Anspruch auf Übernahme der Kosten von durch eine Pflegefachkraft erbrachten Leistungen besteht nur, wenn jene selbständig und auf eigene Rechnung oder im Angestelltenverhältnis mit einem Leistungserbringer praktiziert, der zur Tätigkeit zu Lasten der obligatorischen Krankenpflegeversicherung zugelassen ist. Nach Art. 24 KVG übernimmt die obligatorische Pflegeversicherung die Kosten für die Leistungen gemäss den Art. 25 – 31 KVG nach Massgabe der in den Artikeln Art. 32 – 34 KVG festgelegten Voraussetzungen. Diese Leistungen umfassen insbesondere Untersuchungen, Behandlungen und Pflegemassnahmen, die ambulant, bei Hausbesuchen, stationär, teilstationär oder in einem Pflegeheim durchgeführt werden von Ärzten, Chiropraktikern sowie von Personen, die auf Anordnung oder im Auftrag eines Arztes oder einer Ärztin Leistungen erbringen. Im vorliegenden Fall erfüllten die ausführenden Pflegekräfte diese Voraussetzungen nicht, weshalb auch kein Anspruch auf Übernahme der Kosten im Rahmen von Art. 24 KGV besteht. |
BGE 131 V 329 | Verzichtsvermögen/Ergänzungsleistung Streitig ist der Anspruch auf Ergänzungsleistungen und in diesem Zusammenhang allein die Frage, ob der mit Schreiben vom 20. Dezember 2001 gewährte und im Februar 2002 vom Sohn (und seiner Ehefrau) der Pflegebedürftigen bezogene Betrag von Fr. 90'000.- als Verzichtsvermögen in der Berechnung der Ergänzungsleistungen zu berücksichtigen ist. Damit ein Verzichtsvermögen in der Berechnung der Ergänzungsleistungen berücksichtigt werden kann, setzt die Rechtsprechung die Tatbestandselemente "ohne rechtliche Verpflichtung" resp. "ohne adäquate Gegenleistung" voraus. Diese beiden Voraussetzungen sind nicht kumulativ, sondern alternativ zu verstehen. Die Vorinstanz führt aus, dass dem Beschwerdegegner und seiner Ehefrau für die geleistete Pflege gegenüber der Mutter kein Anspruch aus Arbeitsvertrag zustehe, da die Arbeit in Erfüllung einer gesetzlichen oder moralischen Pflicht unentgeltlich erbracht worden sei. Nach der Rechtsprechung ist der Tatbestand erfüllt, wenn der Anspruchsberechtigte ohne rechtliche Verpflichtung und ohne adäquate Gegenleistung auf Einkünfte oder Vermögen verzichtet hat. In den Akten finden sich keinerlei Hinweise, dass der Beschwerdegegner und seine Ehefrau die Pflege und Unterstützung der Mutter in Erfüllung einer rechtlichen Pflicht erbracht hätten, mit der eine Pflicht der Mutter zur Bezahlung eines Entgelts korreliert hätte: So fällt auf, dass weder ein Beleg für eine Honorarabrede vorliegt noch die für die Pflege der Mutter aufgewendeten Zeiten sowie die entstandenen Auslagen (Fahrspesen, Barauslagen etc.) aufgeschrieben worden sind. Es wurden erst im Nachhinein Belege für Auslagen und Berechnungen pauschaler Zeitaufwände hinzugefügt. Mangels Vorliegens einer rechtlichen oder sittlichen Pflicht liegt somit ein Vermögensverzicht vor. Da die beiden Tatbestandselemente "ohne rechtliche Verpflichtung" resp. "ohne adäquate Gegenleistung" des Vermögensverzichts alternativ zu verstehen sind und hier die Leistung der Fr. 90'000.- ohne Rechtspflicht erfolgt ist, liegt ein in der Berechnung der Ergänzungsleistungen zu berücksichtigendes Verzichtsvermögen vor. |
Bundesgericht 4C.83/2006 vom 26. Juni 2006 | Einkommensausfälle nach einem Unfall Am 16. August 1994 war Y. mit ihrem Motorrad unterwegs. Ein entgegenkommender Autofahrer bog plötzlich nach links ab und schnitt ihr den Weg ab. Es kam zu einer Kollision, bei der die Motorradfahrerin ein Schädel-Hirn-Trauma sowie Brüche des linken Knöchels und des Schlüsselbeins erlitt. Trotz chirurgischer Eingriffe konnte der Knöchelbruch nicht vollständig geheilt werden und der linke Fuss ist weiterhin behindert. Y. arbeitete als Gärtnerin und seit August 1996 arbeitet sie mit ihrem Mann in der Bewirtschaftung eines landwirtschaftlichen Anwesens zusammen und erzieht ihre vier Kinder, die von Januar 1997 bis September 2003 geboren wurden. Die Unfallversicherung übernahm die Pflegekosten und den Verdienstausfall bis zum 31. Dezember 1998. Ab dem 1. Januar 1999 gewährte sie eine Invalidenrente, die auf der Grundlage eines Verlusts der Erwerbsfähigkeit von 30% berechnet wurde, sowie eine Entschädigung von 24'300 Fr. für einen Integritätsschaden von 25%. Y. erhob 2001 Klage gegen den Haftpflichtversicherer des Fahrzeugshalters. Aufgrund ihrer bleibenden Schädigung machte sie Einkommensausfälle geltend und verlangte zudem eine Genugtuung. Vorliegend ist unter anderem streitig, ob und in welchem Umfang Y. dazu verpflichtet wäre, den Schaden zu mindern. Es wurde angeführt, dass sie eine Umschulung machen könnte und somit die Erwerbsausfälle zu verringern. Das Bundesgericht kommt zum Schluss, dass die Vorinstanz zu Recht gesagt hat, dass ihr eine Umschulung nicht zugemutet werden könne. Die Klägerin hat einen Landwirt geheiratet, was nach allgemeiner Erfahrung bedeutet, dass neben der Führung des Haushalts und der Betreuung der Kinder auch ein grosses Engagement bei der Bewirtschaftung des landwirtschaftlichen Anwesens. Die Eheleute haben im Übrigen ausser einer Auszubildenden zur Hauswirtschafterin keine Angestellten, und ihre Ressourcen würden es ihnen nicht erlauben, weitere bezahlte Mitarbeiter einzusetzen. Die Klägerin tut alles, was in ihrer Macht steht, um die Aufgaben im Haushalt so gut wie möglich zu bewältigen und ihren Mann im Betrieb zu unterstützen. Sie hat einen eigenen Aktivitätsrhythmus angenommen, der ihrer Behinderung angepasst ist. Auf diese Weise hat sie ein Gleichgewicht erreicht, das auf einer wirtschaftlichen Lösung mit einem Minimum an externer Hilfe beruht. Die vorgebrachten Beschwerdepunkte sind zulässig und die Haftpflichtversicherung unterliegt vor Bundesgericht. |
Eidgenössisches Versicher-ungsgericht vom 21. Juni 2006 (K 156/04) | Krankenversicherung Die Anstellung von pflegenden Angehörigen ohne Pflegefachdiplom durch Spitexorganisationen ist grundsätzlich zulässig. Es besteht aber kein Anspruch auf Anstellung. |
Eidgenössisches Versicher-ungsgericht vom 12. Mai 2005 (I 13/05) | Rente der IV L., geboren 1946 und im Haushalt tätig, erlitt im Januar 2001 einen Autounfall, wobei sie sich eine Schulterverletzung zuzog. Sie meldete sich am 13. Juni 2002 bei der Invalidenversicherung zum Leistungsbezug an, worauf die IV-Stelle des Kantons Zürich medizinische Abklärungen vornahm (unter anderem Einholen eines Berichtes der Hausärztin vom 16. Juli 2002 mit je einem Bericht des Spitals vom 14. Juni 2002 und des Spezialarzt FMH für Orthopädische Chirurgie, vom 28. Mai 2001). Weiter veranlasste die Verwaltung eine Abklärung im Haushalt (Bericht vom 7. Februar 2003). Mit Verfügung vom 8. Mai 2003 lehnte sie den Anspruch auf eine Invalidenrente ab, da L. nur im Umfang von 28 % im Haushalt eingeschränkt sei, was mit Einspracheentscheid vom 23. Dezember 2003 bestätigt wurde. L. lässt Verwaltungsgerichtsbeschwerde führen mit dem Antrag, ihr sei spätestens ab Januar 2002 eine ganze Rente der Invalidenversicherung samt Zusatzrente für ihren Ehemann zuzusprechen. Die Bemessung der Invalidität basiert auf dem Abklärungsbericht vom 7. Februar 2003. Für den Beweiswert eines solchen Berichtes sind - analog zur Rechtsprechung zur Beweiskraft von Arztberichten - verschiedene Faktoren zu berücksichtigen: Es ist wesentlich, dass der Bericht von einer qualifizierten Person verfasst wird, die Kenntnis der örtlichen und räumlichen Verhältnisse sowie der aus den medizinischen Diagnosen sich ergebenden Beeinträchtigungen und Behinderungen hat. Weiter sind die Angaben des Versicherten zu berücksichtigen, wobei divergierende Meinungen der Beteiligten im Bericht aufzuzeigen sind. Der Berichtstext schliesslich muss plausibel, begründet und angemessen detailliert bezüglich der einzelnen Einschränkungen sein und in Übereinstimmung mit den an Ort und Stelle erhobenen Angaben stehen. Trifft all dies zu, ist der Abklärungsbericht voll beweiskräftig. Im vorliegenden Fall erfüllt der Bericht diese Kriterien. Die Beschwerdeführerin ist der Ansicht, im Abklärungsbericht vom 7. Februar 2003 sei der Tätigkeitsbereich "Betreuung von Kindern oder anderen Familienangehörigen" zu Unrecht nur mit 20 % gewichtet worden; "aufgrund der konkreten Umstände" sei dieser Bereich vielmehr mit 30 % zu gewichten.
Das Bundesgericht kommt jedoch zum Schluss, dass die IV-Stelle innerhalb ihres Ermessensspielraums entschieden habe und deswegen sei der Entscheid nicht zu beanstanden. Die Beschwerdeführerin unterliegt mit ihrer Beschwerde. |
Eidgenössisches Versicher-ungsgericht vom 19. Oktober 2004 (I 300/04) | Rente der IV – Ermittlung der Einschränkungen im Haushaltsbereich Unter den Verfahrensbeteiligten zu Recht unbestritten ist, dass die Beschwerdeführerin ohne gesundheitliche Beeinträchtigungen zu je 50 % erwerbstätig und im Haushalt beschäftigt wäre, sodass die Invaliditätsbemessung nach der gemischten Methode zu erfolgen hat. Uneinigkeit herrscht demgegenüber bezüglich der gesundheitsbedingten Einschränkung sowohl im Erwerbs- wie auch im Haushaltsbereich, welche im Folgenden zu prüfen ist. Den Akten kann insbesondere entnommen werden, dass die Versicherte anlässlich der Begutachtung in der Klinik angab, den Haushalt ohne wesentliche Einschränkung bewältigen zu können und einzig im Umfang von ca. 10 % Fremdunterstützung "bei grösseren Putzarbeiten und beim Wäschewaschen" zu benötigen. Im Rahmen der Haushaltsabklärung, mithin zwei Monate nach dem Unfall ihres Ehemannes, erklärte die Beschwerdeführerin ferner, dass ihr Ehegatte sie aktuell vermehrt im Haushalt unterstütze und an seinen freien Arbeitstagen während fünf bis sechs Stunden Haushaltsarbeiten erledige. Ausschlaggebend für die Feststellung der Behinderung Nichterwerbstätiger im anerkannten Aufgabenbereich ist nicht die medizinisch-theoretische Arbeitsunfähigkeit, sondern wie sich der Gesundheitsschaden in der nichterwerblichen Betätigung konkret auswirkt, was durch die Abklärung an Ort und Stelle (im Haushalt der versicherten Person) erhoben wird. Es ist nicht einsehbar, weshalb dieser Grundsatz nicht auch im Hinblick auf die Ermittlung des - aus gesundheitlicher Sicht - zumutbaren Umfangs der Mithilfe Familienangehöriger gelten sollte. Darauf hinzuweisen bleibt zudem, dass die bei im Haushalt tätigen Versicherten als zumutbar erachtete familiäre Unterstützung weiter geht, als die ohne Gesundheitsschaden üblicherweise zu erwartende Mithilfe. Neben der erweiterten haushaltlichen Hilfestellung durch den Ehemann ist deshalb auch zu berücksichtigen, dass jedenfalls der älteste Sohn nach und nach vermehrt Haushaltsaufgaben übernehmen kann (wie etwa das Aufräumen des eigenen Zimmers, Einkäufe, Abwasch, Pflanzengiessen etc.), was von Vorinstanz und Verwaltung noch gar nicht angerechnet wurde. Nach diesen Abklärungen bleibt es folglich bei der von Vorinstanz und Verwaltung angenommenen Einschränkung im Haushaltsbereich von 31,1 %. Die Beschwerde von R. wird abgewiesen. |
Obergericht Luzern vom 13. Oktober 2004 (11 03 117) | Anrechnung von Betreuungszeit Die Vorinstanz hat den Klägerinnen unter dem Titel Pflege- und Betreuungsschaden sowie Haushaltschaden einen Betrag in der Höhe von insgesamt Fr. 45'206.—zugesprochen. Die Klägerinnen beanstanden diese Schadensberechnung der Vorinstanz in verschiedenen Punkten. Die Vorinstanz hat zum Haushaltschaden festgehalten, aufgrund der gutachterlichen Ausführungen und der Äusserungen von A. ergebe sich, dass Frau X. nicht mehr in der Lage gewesen sei, Hausarbeiten wie Waschen, Kochen, Einkaufen etc. zu erledigen. Dabei handle es sich nicht um pflegebedingten Haushaltmehrbedarf, sondern um hauswirtschaftliche Leistungen, die die Verunfallte nicht mehr selber habe erbringen können. Der korrekte Schadenstitel dafür sei der Haushaltschaden und nicht, wie von den Klägerinnen geltend gemacht, der Pflege- und Betreuungsschaden. Die Vorinstanz hat den täglichen Pflege- und Betreuungsaufwand in Anwendung von Art. 42 Abs. 2 OR auf 1,5 Stunden geschätzt. Die Klägerinnen machen einen täglichen Aufwand von fünf Stunden geltend. Die von den Klägerinnen neu geltend gemachte Schadensposition (Ersatz für Präsenzzeit) stellt eine Art des Pflegeschadens dar. Es liegt daher weder eine Klageänderung noch eine Erhöhung des ursprünglichen Rechtsbegehrens dar, was unzulässig wäre. Es ist daher darauf einzutreten.
Das Obergericht Luzern heisst die Klage gut und anerkennt den geltend gemachten Mehraufwand der Betreuungszeit. |
Eidgenössisches Versicher-ungsgericht vom 27. August 2004 (I 3/04) | Schadenminderungspflicht/Einbau eines Treppenlifts M. geboren 1972, leidet seit Geburt an einer sich stetig verschlimmernden Erbkrankheit (Friedreichsche Ataxie, d.h. einer Erkrankung des Nervensystems). Nachdem sich eine Tätigkeit im erlernten Beruf wegen der fortschreitenden Krankheit als unmöglich erwiesen hatte, kam die IV-Stelle Bern für die Kosten einer einjährigen Handelsschule auf. Infolge Verschlimmerung seiner Krankheit war M. ab anfangs 1996 auf den Rollstuhl angewiesen. Ab 1. Januar 1998 richtete ihm die Invalidenversicherung eine halbe Rente aus, übernahm u.a. die Kosten für die am Arbeitsplatz erforderlichen baulichen Anpassungen. Darunter auch eine Treppenraupe. Diese stellte sich für M. jedoch als sehr unpraktisch heraus, da er ohne Hilfe eines instruierten Arbeitskollegen diese nicht benutzen konnte und folglich nicht eigenständig an seinen Arbeitsplatz gelangen konnte. Deswegen beantragte er bei der IV-Stelle, dass sie die Kosten für einen Treppenlift übernehmen sollen, wobei der Arbeitgeber von M. bereit war, sich daran auch finanziell zu beteiligen. Die IV-Stelle wies den Antrag ab. M. erhob dagegen Beschwerde. Zu prüfen ist, ob diese Hilfestellungen durch Arbeitskollegen im Rahmen der Schadenminderungspflicht zumutbar sind.
Der Grundsatz der Schadenminderungspflicht kann im Sozialversicherungsrecht nur dort Anwendung finden, wo der Eintritt der Leistungspflicht eines Sozialversicherers oder deren Andauern durch das Verhalten des Versicherten beeinflussbar ist. Das Zumutbarkeitsprinzip, welches die Schadenminderungspflicht begrenzt, schützt sodann nicht nur die versicherte Person, sondern bezweckt auch eine Begrenzung der Belastungen Dritter auf ein erträgliches Mass. Soweit die IV-Stelle vorbringt, die Unzumutbarkeit eines Beizuges von Hilfspersonen führe dazu, dass der kostspieligere Treppenlift stets Vorrang vor der günstigeren Treppenraupe habe, kann ihr nicht gefolgt werden. Zumindest dort, wo der Einsatz einer Treppenraupe im privaten Bereich in Frage steht, können unter Berücksichtigung der konkreten Umstände die notwendigen Hilfeleistungen für die Familienmitglieder durchaus zumutbar sein.
Das Bundesgericht kommt zum Schluss, dass der täglich mehrmals erforderliche zeitaufwändige Einsatz von Mitarbeitern der Arbeitgeberin des Versicherten für die Überwindung der Treppe mittels Raupe nicht zumutbar ist. Dies gilt umso mehr, als die Helfer vorgängig instruiert werden müssen, da nach Einschätzung der SAHB der Einsatz einer Treppenraupe "nicht einfach" ist. Die IV-Stelle wird demnach verpflichtet, den Einbau eines Treppenlifts zu bezahlen. |
Eidgenössisches Versicher-ungsgericht vom 28. Februar 2003 (I 685/02) | Rente der IV - Ermittlung der Einschränkungen im Haushaltsbereich S. führt Verwaltungsgerichtsbeschwerde gegen einen Entscheid der IV-Stelle. Im vorliegenden Fall war streitig, ob der Beschwerdeführerin ab 1. Dezember 1999 eine ganze anstelle der zugesprochenen halben Invalidenrente zusteht. Dabei ist unbestritten, dass die Invaliditätsbemessung nach der gemischten Methode gemäss Art. 28 Abs. 2 IVG und Art. 27bis Abs. 1 IVV zu erfolgen hat und der Anteil der Erwerbstätigkeit und der Tätigkeit im Haushalt auf je 50 % festzusetzen ist. Sodann steht fest, dass die Versicherte als Erwerbstätige in der massgebenden Zeit seit Ende 1998 vollständig arbeitsunfähig war. Zu prüfen sind dagegen die Auswirkungen der gesundheitlichen Beeinträchtigungen im hauswirtschaftlichen Bereich. Die IV-Stelle ging von einer Beeinträchtigung von 25 % in der hauswirtschaftlichen Tätigkeit aus, während der Hausarzt von S. diese auf 30-60% eingeschätzt hatte. Nach der Rechtsprechung kommt den ärztlichen Schätzungen der Arbeitsfähigkeit kein genereller Vorrang gegenüber den Ergebnissen einer von der Invalidenversicherung durchgeführten Haushaltabklärung zu. Gemäss Abklärungsbericht ist die Beschwerdeführerin bei Arbeiten beeinträchtigt, die Kraft erfordern (Gemüse rüsten, Brot schneiden, schwere Pfannen heben); sie ist jedoch in der Lage, selbstständig zu kochen, das Geschirr und die Pfannen abzuwaschen und die Küche oberflächlich zu reinigen; sie verfügt über einen Geschirrspüler sowie einen Mikrowellen-Ofen und wird bei den schweren Arbeiten, die nicht täglich vorzunehmen sind, vom Ehemann und der Schwiegermutter unterstützt. Die Vorinstanz weist in diesem Zusammenhang zu Recht darauf hin, dass die Versicherte ihre Leistungsfähigkeit im Rahmen der ihr obliegenden Schadenminderungspflicht durch geeignete organisatorische Massnahmen und mit der zumutbaren Mithilfe der Familienangehörigen sowie mit dem Einsatz geeigneter Haushaltseinrichtungen möglichst zu steigern hat. Nach einer Erwägung sämtlicher geltend gemachten Einschränkungen durch die Beschwerdeführerin kommt das Eidgenössische Versicherungsgericht zum Schluss, dass die Vorinstanz bereits korrekte Einschätzungen ihrer Einschränkungen vorgenommen hat. Der Beschwerdeführerin wird keine ganze Invalidenrente zugesprochen. |
BGE 128 III 34 | Todesfallsumme X. war bei der B. versichert. Er erlitt bei rund 100 km/h einen Autounfall (Frontalkollision) und wurde mit Verletzungen des Brustkorbs nebst einer Schädelprellung und Rissquetschwunden im Gesicht per Helikopter in ein Spital eingeliefert. Entgegen ärztlicher Empfehlung zur stationären Überwachung und nach Unterzeichnung der Bescheinigung, dass "er auf die möglichen medizinischen und rechtlichen Folgen des vorzeitigen Austrittes aufmerksam gemacht worden ist, sowie auf mögliche lebensbedrohliche Komplikationen", verliess X. gleichentags das Spital und reiste in seine Ferienwohnung. In der folgenden Nacht verstarb X., nachdem er am Abend noch über starke Schmerzen im Brustkorb-Bereich geklagt hatte. Die Ehefrau K. klagte sodann gegen die B., ihr die Todesfallsumme in voller Höhe von CHF 50 000 auszuzahlen. Das im Todesfall durch Unfall geschuldete Kapital ist eine typische Summenleistung; sie hat nicht den Zweck, einen konkreten Schaden zu decken, und ist unabhängig von einer Vermögenseinbusse zu leisten. Parteien und Handelsgericht haben zu Recht nichts Abweichendes aus den massgebenden AVB abgeleitet. Dass Leistungen aus Summenversicherung - im Gegensatz zu solchen aus Schadensversicherung - weder den Eintritt eines Schadens voraussetzen noch anhand der erlittenen Vermögenseinbusse bemessen werden, bedeutet nicht, es gebe bei dieser Versicherungsart keine Schadenminderungspflicht. Das Handelsgericht hat die Frage, in welchem Umfang das Verschulden des Versicherungsnehmers eine Leistungskürzung bis hin zur -verweigerung rechtfertige, nicht mehr beurteilt in der unzutreffenden Annahme, dass eine Summenleistung nicht gekürzt werden könne. Dem Urteil lässt sich lediglich entnehmen, dass der Versicherte die vertraglich vereinbarte Obliegenheit gemäss Art. 16 AVB krass verletzt haben soll, indem er sich, den ärztlichen Ratschlägen nicht folgend, schon wenige Stunden nach dem Unfallereignis der Spitalüberwachung und -pflege entzog. Eine vollständige Leistungsverweigerung der Versicherung ist ausschliesslich bei Absicht angezeigt und nur ein grober Fehler kann eine Leistungskürzung rechtfertigen. Das Bundesgericht kommt zum Schluss, dass anhand der Umstände von grober Fahrlässigkeit seitens des Verstorbenen ausgegangen werden könne und deswegen eine Kürzung der Versicherungssumme um 50% nicht unangemessen sei. |
Eidgenössisches Versicher-ungsgericht vom 30. Dezember 2002 (I 90/02) | Leistungssteigerung – Einbau eines Treppenlifts S. beantragte am 7. April 2000 bei der Invalidenversicherung die Abgabe eines Treppenlifts als Hilfsmittel in ihrem Haushalt. Nachdem die IV-Stelle des Kantons Aargau eine Abklärung an Ort und Stelle veranlasst hatte (Bericht vom 15. Mai 2001), sprach sie mit Verfügung vom 14. Juni 2001 einen Beitrag von Fr. 8000.- an die Anschaffungskosten des Treppenlifts zu. S. führt Verwaltungsgerichtsbeschwerde und verlangt, dass die IV für den Treppenlift voll aufzukommen habe. Nach Art. 21 Abs. 1 Satz 1 IVG hat der Anspruch auf jene Hilfsmittel, deren er unter anderem für die Ausübung der Tätigkeit in seinem Aufgabenbereich bedarf. Das BSV hat die Anspruchsvoraussetzungen für einen Treppenlift unter anderem dahingehend konkretisiert, dass durch das Hilfsmittel mindestens eine Leistungssteigerung um 10% ermöglicht werden muss. Treppenlifte werden aufgrund der vom EDI im HVI Anhang getroffenen Regelung (vgl. Art. 21 Abs. 4 IVG in Verbindung mit Art. 14 IVV) nur an Versicherte abgegeben, die ohne einen solchen Behelf ihre Wohnstätte nicht verlassen können. Die Vorinstanz hat die ablehnende Verfügung der IV-Stelle geschützt, da diese aufgrund des Abklärungsberichts vom 15. Mai 2001 davon habe ausgehen können, dass der Einbau eines Treppenliftes zu einer Leistungssteigerung von 9 % führe, womit die vorausgesetzte minimale Eingliederungswirksamkeit von 10 % nicht erreicht sei.
Das Bundesgericht kommt zum Schluss, dass der Bericht vom 15. Mai 2001 nicht zu beanstanden ist und deswegen wird die Beschwerde von S. abgewiesen. |
Eidgenössisches Versicher-ungsgericht vom 10. Dezember 2002 (I 690/01) | Rente der IV Streitig ist, ob dem gesundheitlich angeschlagenen S. eine ganze oder eine halbe Invalidenrente zusteht. Dafür ist zu prüfen, ob die Person ohne Invalidität mit Rücksicht auf die gesamten Umstände, wozu die persönlichen, familiären, sozialen und erwerblichen Verhältnisse gehören, vorwiegend erwerbstätig oder im Haushalt beschäftigt wäre. Für die Beurteilung und Festlegung des im Gesundheitsfall mutmasslich ausgeübten Aufgabenbereiches sind ausser der finanziellen Notwendigkeit, eine Erwerbstätigkeit wieder aufzunehmen oder auszudehnen, auch allfällige Erziehungs- und Betreuungsaufgaben gegenüber Kindern, das Alter, die beruflichen Fähigkeiten und die Ausbildung sowie die persönlichen Neigungen und Begabungen zu berücksichtigen. Im vorliegenden Fall hat die Vorinstanz die massgebenden Bemessungsfaktoren gerundet und im Ergebnis einen Invaliditätsgrades von "insgesamt etwas über 67 %" ermittelt, was von der IV-Stelle in grundsätzlicher Hinsicht zu Recht als Verstoss gegen die Prozentgenauigkeit und das Rundungsverbot gerügt wird. Wie die IV-Stelle in der Beschwerde zutreffend ausführt, ergibt sich bei genauer, ungerundeter Berechnung der Bemessungsfaktoren gemäss den Annahmen der Vorinstanz ein Invaliditätsgrad von 66,8 % (gewichteter IV-Grad im Erwerbsbereich 46,7 % und im Haushaltbereich 20,1 %), der an sich einen Anspruch auf eine ganze Rente begründet. Da nach dem Entscheid der Vorinstanz der Grenzwert für einen ganzen Rentenanspruch nur knapp überschritten wird, müssen die massgebenden Faktoren für die Bestimmung des Invaliditätsgrades sehr sorgfältig ermittelt und prozentgenau festgelegt werden. Denn im Grenzbereich können sich bereits geringfügige Fehler bei der Berechnung der Bemessungsfaktoren auf den Rentenanspruch auswirken. Im vorliegenden Fall erscheint der Abklärungsbericht insgesamt mangelhaft und widersprüchlich. Unter diesen Umständen kann nicht auf den Abklärungsbericht vom 25. Januar 2000 abgestellt werden. Es erscheint gerechtfertigt, die Sache an die IV-Stelle zurückzuweisen, um die Abklärungen an Ort und Stelle insgesamt zu wiederholen. Die Beschwerde wird in dem Sinne teilweise gutgeheissen, dass der Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons Zug vom 27. September 2001 und die Verfügung der IV-Stelle vom 24. August 2000 aufgehoben werden, und die Sache wird an die IV-Stelle zurückgewiesen, damit diese, nach erfolgter Abklärung im Sinne der Erwägungen, über den Anspruch auf Rente neu entscheide. |
Bundesgericht 4C.276/2001 vom 26. März 2002 | Schadensberechnung Die damals neunzehnjährige A. (Klägerin) erlitt als Motorradfahrerin am 3. Juni 1990 einen schweren Verkehrsunfall. Eine versicherte Automobilistin (Beklagte) missachtete ihr Vortrittsrecht, worauf es zu einem heftigen Zusammenstoss kam. Seit dem 16. April 1992 wohnt A. bei ihrer Mutter, die sie pflegt und betreut. Streitig ist in vorliegenden Fall die Schadensberechnung. Die Klägerin hat von der Beklagten Ersatz für vergangene und zukünftige Pflege- und Betreuungskosten sowie für vergangenen und zukünftigen Haushaltschaden gefordert. Die Vorinstanz legte der Berechnung des Pflegeschadens die Betreuungssituation der Klägerin zugrunde. Sie unterschied zwischen den von der Mutter erbrachten Pflegeleistungen und den Kosten, welche der zu deren Entlastung beigezogene Familienbetreuungs-Hausservice bis zum Urteilstag verursachte und in Zukunft verursachen wird. Die Beklagte Versicherung rügt, dass die Vorinstanz als Pflege- und Betreuungsschaden der Klägerin den vollen Lohn einer hierfür angestellten Person einsetzte, obwohl die Mutter der Klägerin die betreffenden Leistungen unentgeltlich erbringe und der Klägerin nach der Differenztheorie kein Schaden entstehe. Da die Beklagte aber einräumt, dass als stossend empfunden wird, wenn durch die unentgeltliche Tätigkeit Angehöriger der haftpflichtige Dritte entlastet wird, befürwortet sie einen pauschalen Abzug von 30% in der Meinung, damit den berechtigten Interessen aller Beteiligten Rechnung zu tragen. Ein solcher Abzug entspreche der in Deutschland vorherrschenden Praxis, wo er den Ausgleich dafür schaffen soll, dass auf unentgeltlicher Hilfestellung von Angehörigen keine Steuern und Sozialversicherungsabgaben anfallen. Art. 46 OR gewährt der verletzten Person Anspruch auf die Kosten, die sie aufwenden muss, um die Folgen der Körperverletzung zu beheben oder wenigstens einzuschränken. Darunter fallen die Kosten dauernder Betreuung und Pflege Auch die Pflege zu Hause geht, soweit sie unfallbedingt ist, zu Lasten des Haftpflichtigen. Wird sie von Familienangehörigen besorgt, muss sie gleichwohl entschädigt werden.
Gibt ein Familienangehöriger seine Erwerbstätigkeit auf, um die geschädigte Person zu pflegen, entspricht der zu ersetzende Schaden in der Regel dem entgangenen Erwerbseinkommen. Übersteigt der Verdienstausfall jedoch wesentlich die Kosten der Betreuung durch eine Drittperson, kann der Geschädigte nach den Grundsätzen der Schadenminderungspflicht nur diese tieferen Kosten als Schaden geltend machen. Nach dem Gesagten besteht der Pflegeschaden in den Kosten für fremde Hilfe, welche sich die verletzte Person zu beschaffen hat. Die Kosten sind vom Haftpflichtigen grundsätzlich auch dann zu ersetzen, wenn die notwendige Betreuung auf familiärer oder freundschaftlicher Basis unentgeltlich erfolgt. Eine Entlastung des Schädigers im Umfang unentgeltlicher Hilfeleistung zu Gunsten des Geschädigten käme allenfalls in Frage, wenn und soweit den Geschädigten eine entsprechende Rechtspflicht zur Schadensminderung träfe. Davon könne indessen vorliegend nicht die Rede sein.
Die Berufungen beider Parteien ist abzuweisen und das angefochtene Urteil der Vorinstanz ist zu bestätigen. |
Bundesgericht 5C.7/2001 vom 20. Juli 2001 | Versorgerschaden Die 1953 geborene C. wurde am 22. Januar 1993 in ihrem Auto auf einem unbewachten Bahnübergang von einem Zug der Seetalbahn erfasst und rund 15m mitgeschleift. Dabei erlitt sie diverse schwere Verletzungen. Nach der Entlassung aus dem Kantonsspital Luzern am 6. März 1993 wurde C. vom Hausarzt betreut. Am 15. April 1993 nahm sie sich das Leben. Der Sohn der verstorbenen reichte 1996 eine Klage ein, mit der er um Zusprache eines Schadenersatzes ersuchte. Die ins Recht gefassten Schweizerischen Bundesbahnen beantragten die Abweisungen dieser Klage.
Das Bundesgericht kommt zum Schluss, dass dem Kind ein eigener Anspruch auf Ersatz des Versorgerschadens zusteht, soweit dieser nicht im Anspruch des überlebenden Ehegatten mitenthalten ist. Da der Vater des Klägers offenbar nicht auf Ersatz des Versorgerschadens geklagt hat, steht der Klage auch insoweit nichts entgegen. Der Kläger stützt sich bei seiner Argumentation v.a. auf die nicht gegebene Signalisationspflicht. Die Beklagte macht zu Recht geltend, der Vertrauensgrundsatz erlaube nicht, elementare Vorsichtsregeln zu missachten und bei der Wegfahrt davon auszugehen, es komme kein Zug. Schlussendlich kommt das Bundesgericht zum Schluss, dass die Verstorbene es unterlassen hat, beim Überqueren des Bahnüberganges Sicherheitsmassnahmen zu treffen und ihr Unfall zum Grossteil selbstverschuldet war, so dass grobe Fahrlässigkeit anzunehmen ist. Demnach unterliegt der Sohn als Kläger in diesem Verfahren und erhält keinen Versorgerschaden. |
Bundesgericht vom 04. Juli 2000 (I 294/99) | Rente der IV O. meldete sich am 12. Juni 1995 unter Hinweis auf seit einem Verkehrsunfall vom 25. Mai 1994 bestehende Schulter- und Armbeschwerden links mit Ausstrahlungen in den Rücken sowie Schlafstörungen und psychischen Problemen bei der Invalidenversicherung zum Leistungsbezug an. Nach Abklärungen in medizinischer, beruflich-erwerblicher und haushaltlicher Hinsicht sowie dem Beizug der SUVA-Akten verneinte die IV-Stelle Bern mit Verfügung vom 10. Juni 1998 einen Anspruch auf eine Invalidenrente. O. führt Beschwerde gegen diesen Entscheid. Es steht nicht in Frage, dass vorliegend zur Ermittlung des Invaliditätsgrades die gemischte Methode nach Art. 27bis Abs. 1 IVV zur Anwendung gelangt. Während die Bemessungsfaktoren Anteile Erwerbstätigkeit (31 %) und Haushaltsführung (69 %) sowie der Grad der Arbeitsunfähigkeit im Haushaltsbereich (50 %) nunmehr unwidersprochen geblieben sind, herrscht über die zumutbare Leistungsfähigkeit im erwerblichen Bereich Uneinigkeit. Insbesondere sind den medizinischen Akten keine Anhaltspunkte zu entnehmen, wonach entgegen den gutachtlichen Schlussfolgerungen von einer vollständigen Arbeitsunfähigkeit in jeglichem Tätigkeitsbereich auszugehen wäre. Die Beschwerde von S. wird deshalb abgewiesen. |
Eidgenössisches Versicherungsgericht vom 15.12.1997 (H 121/97) | Pflegeleistungen durch Kinder Die hochbetagte, schwer pflegebedürftige Beschwerdeführerin leidet an einer leichten bis mittelgradigen senilen Demenz, wobei die Tochter aufgrund einer Vereinbarung entgeltliche Pflegeleistungen zugunsten ihrer Mutter erbrachte. Gem. Art. 5 Abs. 2 AHVG gilt eine über die Verwandtenunterstützungspflicht hinausgehende Pflege eines betagten Elternteils als unselbständige Erwerbstätigkeit und dies selbst dann, wenn die gepflegte Person aufgrund ihres schlechten Gesundheitszustandes kaum Weisungen erteilen kann. |